Städte- und Gemeindebund fordert einheitliche Alterstests für junge Flüchtlinge



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Städte- und Gemeindebund fordert einheitliche Alterstests für junge Flüchtlinge
Ein Radiologe schaut sich am 12.01.2018 in Friedrichshafen (Baden-Württemberg) im Röntgenbild die linke Hand eines 17-Jährigen an.

  • Deutsche Kommunen drängen auf eine einheitliche Regelung, um das Alter von jungen Flüchtlinge festzustellen
  • Trotz theoretisch einheitlicher Gesetze hängt der Umgang mit den jungen Menschen stark vom Bundesland ab 

Der Städte- und Gemeindebund fordert einheitliche, bundesweite Regelungen zur Altersfeststellung von Flüchtlingen. Der Beigeordnete Uwe Lübking sagte in Berlin: “Wir erwarten, dass eine Verteilung von jungen Flüchtlingen auf die Kommunen erst dann stattfindet, wenn ihre Identität geklärt ist – auch das Alter.”

Und: “Wir wollen diesen Flickenteppich der Länder nicht.” In der Pflicht ist seiner Meinung nach der Bund.  

Gesetzliche Lage ist schwammig

Zwar ist das Verfahren bundesweit grundsätzlich im Sozialgesetzbuch geregelt. Demnach muss das Jugendamt zunächst nach Ausweispapieren fragen und den Flüchtling etwa durch Befragungen und eigene Beobachtungen altersgemäß einschätzen.

Im Zweifel kann das Amt eine ärztliche Untersuchung veranlassen, die nur mit Einwilligung des Betroffenen möglich ist. Sie kann nach einer Lesart auch die radiologische Untersuchung etwa der Handknochen oder Schulterblätter beinhalten – ob dies das Gesetz hergibt, ist aber umstritten.

In Baden-Württemberg etwa meint das von den Grünen geführte Sozialministerium, dass es für eine Röntgenuntersuchung zur Altersbestimmung durch das Jugendamt eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung brauche –die aber fehle.

“In der Praxis dürften angesichts der ablehnenden Haltung der Landesärztekammer Baden-Württemberg ohnehin nur wenige Ärzte in Baden-Württemberg bereit sein, entsprechende Untersuchungen durchzuführen”, heißt es in einem Hinweispapier des Ministeriums aus dem August 2016.

Innenpolitiker verweisen aber darauf, dass es auch noch das Aufenthaltsgesetz des Bundes gibt. Darin steht, dass bei Zweifeln “erforderliche Maßnahmen” zu treffen sind, um das Alter festzustellen.

Dazu gehören demnach auch körperliche Eingriffe, wenn keine Nachteile für die Gesundheit des Ausländers zu befürchten sind. Damit sehen Innenpolitiker auch Röntgenuntersuchungen gedeckt.

Untersuchung ist umstritten

Auch das Röntgen als Methode zur Altersbestimmung ist umstritten.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, hält das Röntgen des Handgelenks ohne medizinische Notwendigkeit für einen “Eingriff in die körperliche Unversehrtheit”.

Der Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge, das Deutsche Kinderhilfswerk und die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) führen an, es sei medizinisch nicht möglich, ein Alter festzustellen. “Experten sind sich einig, dass nur eine grobe Schätzung mit einer Streubreite von mehreren Jahren möglich ist.”

Hingegen meint der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik, Andreas Schmeling, zwar könne man nicht das exakte Alter bestimmen, aber der zweifelsfreie Nachweis der Volljährigkeit sei möglich.

Und so gibt es massive Unterschiede, ob die Jugendämter auf eine medizinische Untersuchung der mutmaßlich minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge zurückgreifen.

Saarland stufte Hälfte der Untersuchten als volljährig ein

Das Saarland dagegen hat eine sogenannte zentrale Vorclearingstelle eingerichtet, die beim Sozialministerium angegliedert ist. Erst nach der Altersfeststellung werden sie auf andere Bundesländer oder Kommunen im Saarland verteilt. Ähnlich geht auch Hamburg vor.

Im Saarland habe es von Februar 2016 bis Anfang dieses Jahres 528 junge Flüchtlinge gegeben, bei denen es nach oberflächlichen Betrachtungen und Befragungen Zweifel an der Minderjährigkeit gegeben habe, sagte eine Sprecherin. Sie wurden radiologisch untersucht. Ergebnis: 254 wurden als volljährig eingeschätzt. Also nur die Hälfte der Untersuchten.

Baden-Württemberg sieht keine Grundlage fürs Röntgen

Im Südwesten schätzen die Ämter das Alter vor allem auf Basis ausführlicher Befragungen und eigener Beobachtungen ein. Radiologische Untersuchungen etwa des Handgelenks gibt es dem Vernehmen nach eher selten.

Das Jugendamt in Stuttgart zählte im vergangenen Jahr 227 junge, unbegleitete Flüchtlinge, die behaupteten, sie seien minderjährig. Nach Angaben des stellvertretenden Jugendamtsleiters Heinrich Korn wurden 33 Prozent als volljährig eingestuft. Stuttgart setzt auf eine genaue Befragung. “Wir glauben, dass wir bei medizinischen Untersuchungen nicht zu anderen Ergebnissen kommen würden.”

Vom Alter hängt viel ab

Unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge brauchen einen Vormund. Sie leben nicht in Sammelunterkünften, sondern in Familien oder Wohngruppen.

Nach Darstellung des Beigeordneten des Städte- und Gemeindebundes, Uwe Lübking, bekommen sie eine pädagogische Betreuung und in der Regel sofort eine Duldung. Damit kommt für sie eine Abschiebung, die bei Minderjährigen generell schwierig ist, erst einmal nicht infrage.

Auch für die Frage der Strafmündigkeit ist das Alter wichtig: So geht es im Prozess gegen den Flüchtling Hussein K., der 2016 in Freiburg eine Studentin vergewaltigt und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben soll, auch um die Frage, ob der Angeklagte zur Tatzeit minderjährig war. Sein Vater sagt, der junge Mann sei nun schon über 30.

Ende Dezember war eine 15-Jährige im rheinland-pfälzischen Kandel bei einer Messerattacke so schwer verletzt worden, dass sie starb.

Mutmaßlicher Täter ist der ehemalige Freund des Mädchens, ein nach offiziellen Angaben gleichaltriger Flüchtling aus Afghanistan, der allein nach Deutschland gekommen war. Doch am Alter gibt es Zweifel.

(ujo)

www.huffingtonpost.de/entry/stadte-und-gemeindebund-fordert-einheitliche-alterstests-fur-junge-fluchtlinge_de_5a59da5ce4b03c418965cbbe


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