Pflege-Stillstand: Situation in Heimen spitzt sich zu – doch in Berlin passiert wenig



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Pflege-Stillstand: Situation in Heimen spitzt sich zu – doch in Berlin passiert wenig
Katastrophale Zustände: Laut einer Studie müssen sich Krankenschwes­tern in Deutschland im Schnitt um 13 Patienten gleichzeitig kümmern

  • Stiftungen und Forscher sind besorgt, dass sich der Pflegenotstand ohne neue Regierung weiter verschärft
  • Die HuffPost hat erfahren: Eine entsprechende Initiative zu schnellen Reformen lehnt die SPD ab 

“Die Welt wartet nicht auf uns”, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer Neujahrsansprache.

Weit hinaus in die Welt braucht man dabei gar nicht zu blicken, um festzustellen, dass die zähe Regierungsbildung in Berlin droht, Deutschland in den politischen Tiefschlaf zu versetzen. Denn auch in der Bundesrepublik warten drängende Probleme, die sich mit jedem Monat ohne neue Regierung verschärfen. 

In der Pflege etwa wächst die Sorge, dass die so dringend benötigten Reformen durch den andauernden Koalitionspoker verschleppt werden.

Situation in Pflegeheimen spitzt sich zu

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz gibt sich alarmiert. Noch dieses Jahr brauche es unbedingt einen bundeseinheitlichen Mindestpersonalschlüssel für Pflegeheime, heißt es in einer Pressemeldung vom Dienstag.

“Gute Pflege ist nur möglich, wenn auf den Stationen genügend Pflegefachkräfte pro Bewohner vorhanden sind”, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur.

► Laut einer Studie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Hans-Böckler-Stiftung müssen sich Krankenschwes­tern in Deutschland im Schnitt um 13 Patienten kümmern.

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Bei Nachtdiensten sind die Verhältnisse demnach noch dramatischer. Zwei von drei Pflegern arbeiteten demnach allein, sie hatten sich im Schnitt um 26 Kranke zu kümmern. Auf jeder sechsten Station waren es mehr als 30.

“Viele Pflegende kehren dem Job den Rücken, weil sie an ihre körperlichen und seelischen Grenzen kommen”, sagt auch Brysch.

Ein Problem, das sich in den vergangenen Jahren nur weiter verschärfte. Denn die Zahl der Pflegebedürftigen steigt. Im Dezember 2015 waren in Deutschland 2,86 Millionen Menschen pflegebedürftig – innerhalb von zwei Jahren war die Zahl um 9 Prozent angestiegen

SPD lehnt Grünen-Vorstoß zu Sofortprogramm ab

Die Grünen wollen deshalb nicht auf ein neues Regierungsbündnis warten: Mit einer schnellen parlamentarischen Initiative im Bundestag, dem Sofortprogramm Pflege, wollen sie den Missständen begegnen.

Doch der Widerstand ist groß: Die SPD etwa verweigerte sich einem gemeinsamen Antrag.

Eine Sprecherin der SPD-Fraktion teilte der HuffPost auf Anfrage mit, dass es ein persönliches Gespräch zwischen SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles und ihrer Kollegin Katrin Göring-Eckardt gegeben habe.

Nahles habe den Vorschlag der Grünen allerdings abgelehnt.

► “Die SPD verfolgt ein weitreichendes Konzept zum Thema Pflege, das substantiell über den Vorschlag eines Sofortprogramms der Grünen hinausgeht”, hieß es auf Anfrage der HuffPost.

Die Grünen haben sich zum Ziel gesetzt, dass rund 25.000 zusätzliche Pflegekräfte jährlich in den Krankenhäusern beginnen. Dafür fordert die Partei unter anderem einen “Tarifvertrag Soziale Dienste”, der für eine bessere Bezahlung sorgt.

Darüber hinaus seien verbindliche Vorgaben notwendig, für wie viele Patienten eine Pflegekraft zuständig sein soll. Das gelte für Krankenhäuser, in Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten.

Masterplan sieht bis zu 100.000 Stellen innerhalb von vier Jhren vor

Ob das schon reicht, ist zumindest fraglich. Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP) hat im November einen Masterplan Pflege vorgestellt.

Darin kommen die Wissenschaftler zu dem Schluss: Die Vergütungen für Pflegepersonal müssten um bis zu 30 Prozent angehoben werden, um dem Personalnotstand zu begegnen. 

► In den kommenden vier Jahren würden bis zu 100.000 zusätzliche Pflegestellen in Krankenhäusern, Altenheimen und ambulanten Diensten benötigt.

Auch hier zeigt sich, wie das Problem verschlafen wurde. Schon 2013 fehlten bundesweit 70.000 Pfleger.

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Statt raschen Reformen nun Koalitions-Streit?

Während die Grünen-Initiative zum Sofortprogramm wohl wenig aussichtsreich ist, wird Pflege zum Thema bei den beginnenden Sondierungsgesprächen zwischen Union und SPD.

Laut Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) seien “die Misslichkeiten bei Krankenhäusern und in der Pflege” eines der Top-Themen bei den Gesprächen.

Die CSU will in den Gesprächen Verbesserungen durchsetzen. Das geht aus einer Beschlussvorlage für die Winterklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten hervor, die den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vorliegt.

► Danach soll auf Einkommen der Kinder von Pflegebedürftigen erst ab 100.000 Euro im Jahr zurückgegriffen werden.

Die SPD fordert derweil ein monatliches “Familiengeld Pflege” für Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit aufgrund von pflegebedürftigen Angehörigen verringern.

Die Ideen beider Parteien scheinen sich vereinbaren zu lassen – doch ein Problem bleibt.

Denn der Themenkomplex Pflege droht mit dem Streit um die Gesundheitspolitik vermengt zu werden. Hier fordert die SPD eine Bürgerversicherung für alle, um die Bevorzugung Privatversicherter zu beenden.

Die Union lehnt das vehement ab. Auch deshalb drohen die Sondierungsgespräche zu einer Hängepartie zu werden. Auch in der Pflege droht dann weiter: Stillstand. 

(jg)

www.huffingtonpost.de/entry/pflege-sofortprogramm-gruene-spd_de_5a4cb892e4b025f99e1ed98e


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