Diesel-Skandal: 7 Lehren aus den Abgasversuchen an Menschen und Affen



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Diesel-Skandal: 7 Lehren aus den Abgasversuchen an Menschen und Affen

  • Die deutsche Autoindustrie rutscht von einem Skandal in den nächsten
  • Aus Sicht der deutschen Medien sind daran nicht nur die Konzerne selbst Schuld

Der VW-Konzern steckt schon wieder in der Bredouille. Und das ist noch milde ausgedrückt. 

Denn das neueste Kapitel des Dieselgate-Skandals von Volkswagen enthält Szenen, die kaum zu glauben sind: Zehn zu Versuchsobjekten degradierte Affen sollen in einem US-Testlabor stundenlange Abgase eingeatmet haben, während ihnen zur Beruhigung Zeichentrickfilme gezeigt wurden.

Die brisanten Details der Versuche mit Affen und obendrein mit 25 Menschen in Deutschland bringen den Wolfsburger Autoriesen in Erklärungsnot – doch auch Daimler und BMW sind betroffen. Und damit wichtige Stützen der deutschen Industrie. 

Die Kommentatoren deutscher Medien zeigen sich erbost. Das sind ihre 7 Lehren aus dem Abgasskandal:

1. Image ist alles 

Das Ziel der Tests war nicht etwa, die Gefährlichkeit von Stickoxiden zu untersuchen, erklärt die “Süddeutsche Zeitung” (“SZ”).

Vielmehr sollten die Versuche Stoff für eine Marketing-Kampagne zum ‘Clean Diesel’, zum sauberen Diesel, liefern. “Das macht diese Versuche am lebendigen Objekt umso zynischer”, betont die “SZ”.

Auf diesen Punkt verweist auch die “Taz” . Anders als bei manchen medizinischen Fragen, bei denen der potenzielle Nutzen solcher Experimente den Schaden überwiegen kann, sei es VW, BMW und Daimler nie
darum gegangen, die Wahrheit herauszufinden.

Aus Sicht der Zeitung aus Berlin ging es den Herstellern eher darum, “Werbung für ihre Dieselfahrzeuge zu machen, die beim Abgastest und beim Tierversuch sauber waren, auf der Straße aber dreckig blieben.”

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2. Das größte Problem sind nicht die Labortests

Dutzende Affen und 25 Menschen mussten gereinigte Abgase einatmen, zumindest letztere freiwillig und nur für wenige Stunden, bemerkt die “Taz”. 

Viel schlimmer ist der Zeitung zufolge aber der “Großversuch auf der Straße”.

Also Menschen, die an den Ausfallstraßen wohnen und seit Jahren und an vielen Tagen hohe Stickoxidmengen einatmen, die weit oberhalb der EU-Grenzwerte liegen.

Anders als im Labortest gäbe es in der Realität klare Ergebnisse: Die erhöhten Stickoxid-Grenzwerte von Dieselfahrzeugen führen “nach Berechnungen von Wissenschaftlern in der Europäischen Union jährlich zu mehr als 11.000 vorzeitigen Todesfällen.”

Kurzum: “Getrickst und gelogen wird beim Thema Diesel auf vielen Ebenen – nicht nur bei sinnlosen Tierversuchen”, stellt die “Taz” klar.

Der @tazgezwitscher-Titel von morgen formuliert es so: pic.twitter.com/7AatbrSkmc

— Malte Kreutzfeldt (@MKreutzfeldt) January 29, 2018

Mehr zum Thema: Audi verbaut laut Medienbericht noch immer Schummelsoftware in Dieselautos

3. Die Politik schützt die Konzerne, nicht die Bürger

“Gestützt und gefördert wurden die Autobauer von der Politik”, betont die “SZ”. Nur so sei der Realitätsverlust einer ganzen Branche zu erklären.

Zudem traue sich bis jetzt kaum ein Politiker, die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. So sei in der Arbeit einer Expertengruppe der Bundesregierung zuletzt deutlich die Handschrift der Autoindustrie in den Empfehlungen zu erkennen gewesen.

Für “Handelsblatt”-Herausgeber Gabor Steingart wird die jüngste Enthüllung “in seiner Erbärmlichkeit nur überboten von der gespielten Ahnungslosigkeit der Berliner Verkehrspolitiker und einiger Auto-Manager.”  

4. Konzerne haben sich die Welt zurechtgebogen

Der Dieselskandal läuft bereits seit drei Jahren. Aus Sicht der “SZ” haben die Vorgänge vor allem “die Selbstherrlichkeit der Autoindustrie” gezeigt.

“Wo die Welt nicht so war, wie sie die Unternehmer gerne hätten, da wurde sie eben geschönt”, erläutert die Zeitung aus München: mit Abgastests im Labor, mit sogenannten Thermofenstern, die mehr Ausstoß im Winter zuließen oder mit Begriffen wie “Blue Efficiency”.

5. Empörung ist geboten

“Handelsblatt”-Herausgeber Steingart habe bei den Vorgängen unter anderem gelernt eines gelernt: “Die Empörung der Gesellschaft ist nicht überzogen, sondern geboten.”

Man brauche sich nicht dafür entschuldigen, “dass wir Gefühle besitzen, wo anderen offenbar eine Hornhaut gewachsen ist.” Mit Blick auf die Autoindustrie erklärte er: “Es gibt eine Form von Elitenverwahrlosung, die ist systemrelevant.”

Ähnlich sieht das die “Stuttgarter Zeitung”. Sie konstatiert, “dass einigen Spitzenmanagern der Autoindustrie oder der angrenzenden Lobby der ethische Kompass abhanden gekommen ist.”

Besonders scharf kommentiert die “Mitteldeutsche Zeitung”: Die Begriffe “Menschenversuch” und “Gas”, die in Deutschland eigentlich ein ewiges Tabu markieren sollten, “tun dies aber offenbar nicht mehr”.

6. Dieselgate bringt die Regierung in Bedrängnis

“Die Diesel-Krise könnte zu einer ernsthaften Regierungskrise werden”, titelt die “Welt”. Und warnt: Die Bundesregierung habe keinen Plan, wie sie die derzeitigen Misere lösen kann.

Je mehr sich die große Koalition mühe, den Schutz der Umwelt mit dem der Automobilindustrie zu vereinen, desto schwieriger werde es, eine Lösung dafür zu finden, wie die EU-Schadstoffgrenzwerte endlich einzuhalten, erläutert die “Welt”.

Ohne eine solche Lösung könnten Richter am Ende entscheiden, Diesel aus den Innenstädten zu verbannen. Der “Welt” zufolge “faktisch eine Enteignung von Millionen Pkw-Besitzern”.

Das wiederum würde einen “Proteststurm” auslösen – der die kommende Regierungskoalition “in echte Bedrängnis bringen” kann.

7. Nur Fahrverbote helfen wirklich

Da sich die Autoindustrie beharrlich weigert, ihre Fahrzeuge technisch umzurüsten, müsste die Politik lokale Fahrverbote gegen manipulierte Diesel aussprechen – eigentlich.

Das ist “die einzige Maßnahme, die wirklich gegen die giftige Luft hilft”, betont die “Taz”.

(lp)

www.huffingtonpost.de/entry/elitenverwahrlosung-7-lehren-aus-den-abgasversuchen-an-menschen-und-affen_de_5a700e40e4b00d0de2234b4c


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