Was ich mir als chronisch kranker Mensch von einem Arzt wünsche



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Was ich mir als chronisch kranker Mensch von einem Arzt wünsche

Was habe ich überhaupt?

Im Jahre 2004 brach bei mir, durch eine Infusion, die unheilbare Erkrankung Myalgische Enzephalomyelitis, kurz ME, aus. Die Erkrankung wird häufig mit dem Eigenname “Chronisches Erschöpfungssyndrom”, kurz CFS, bezeichnet, was zur Folge hat, dass diese eigenständige Erkrankung mit den verschiedensten Erschöpfungssyndromen verwechselt und vermischt wird.

Was ME ist, könnt Ihr hier nachlesen und wie das damals mit dem Ausbruch war, könnt Ihr hier nachlesen.

Die Erkrankung ME gehört zu den Krankheiten, die weitere chronische Erkrankungen mit sich bringen; u.a. bin ich zusätzlich an Fibromyalgie erkrankt sowie am posturalem orthostatischem Tachykardiesyndrom, kurz POTS (Der Körper ist nicht mehr in der Lage den Blutkreis im Sitzen und Stehen optimal aufrecht zu erhalten, was zu starkem Herzrasen führt).

Hartnäckige falsche Vorurteile und Diagnosefindung

Es dauerte rund vier Jahre, bis überhaupt ein Arzt wusste, woran ich erkrankt bin. Das liegt daran, dass ME nicht im medizinischem Studium gelehrt wird, lediglich seit kurzem in der Charité. In der Geschichte der Medizin war es schon immer so, dass Krankheiten, über die man (noch) nicht viel wusste, als psychisch angesehen wurden und man die Ursache beim Patienten oder seinem Umfeld sah.

Bevor die Forschung herausfand, dass das Bakterium H. pylori die Ursache für Magengeschwüre ist, wurde Stress dafür verantwortlich gemacht. MS wurde ursprünglich als Paralyse (Lähmung) angesehen, die durch einen hysterischen Anfall ausgelöst wird. Autismus, so die frühere Meinung, sei auf den Mangel mütterlicher Wärme zurückzuführen Aus diesem Grund wurden die Mütter von Kindern mit Autismus damals als “Kühlschrankmütter” bezeichnet. Selbst, nachdem die Forschung die jeweiligen Spekulationen widerlegt hatte, dauerte es noch lange Zeit, bis dies auch in den Köpfen der Menschen ankam.

Viele Studienergebnisse haben mittlerweile unmissverständlich nachgewiesen, dass ME eine körperliche Ursache zugrunde liegt. Aber noch immer beherrscht hier das veraltete falsche Denken die Köpfe der Gesellschaft, dass ME nichts anderes sei, als Faulenzerei oder auch die Folge von schwerer physischer Dekonditionierung (Der Patient glaubt, noch immer an einer organischen Erkrankung, wie beispielsweise einem Infekt, zu leiden, die aber schon längst überstanden ist. Diese Vorstellung mache ihn so krank).

Erlebnisse mit Ärzten

Zurück zu den vier Jahren, in denen es mir körperlich immer schlechter ging, die körperliche Kraft immer weniger wurde und ich darum kämpfte, jeden einzelnen Arbeitstag irgendwie zu überstehen. Irgendwann war ich an dem Punkt, an dem ich, mit gerade einmal Mitte 20, einen Arbeitstag nur noch mit Schmerztabletten überstand. Was ich damals nicht wusste: Mit der Erkrankung ME gehen Entzündungen im Körper einher. Das Schmerzmittel, welches ich einnahm, hatte auch eine entzündungshemmende Wirkung, was meine Erkrankung in diesem Stadium etwas positiv beeinflusste. Als ich wieder einmal bei meinem Hausarzt saß und ihm sagte, dass das nicht mehr lange gutgeht, da ich nun an dem Punkt bin, dass ich es nicht mehr schaffe, ohne Schmerzmittel einen Arbeitstag zu überstehen, zuckte dieser mit der Schulter und meinte, wenn ich das mit Hilfe der Tabletten schaffe, dann sei das doch okay.

Auch sagte mir mein Hausarzt, dass ich nächstes Weihnachten bestimmt über alles lachen könne, denn dann sei alles überstanden, was auch immer ich haben möge. Ich lache bis heute nicht darüber, denn ich bin seit 2010 bettlägerig und seit 2011 ein Pflegefall.

Auch anzügliche Bemerkungen musste ich mir von männlichen Medizinern anhören. Die häufigste Bemerkung war, dass ich mir einen Partner suchen soll. Mir wurde auch direkt dazu geraten, zusammen mit einem Grinsen des Arztes, ich solle mir einen Mann suchen, damit ich mal ein gescheites Sexualleben habe. Auch anzügliche Bemerkungen bezüglich meiner Oberweite musste ich mir bei einer Untersuchung anhören.

Ein anderer junger Arzt in einem Krankenhaus sagte mir ganz direkt, als ich nicht mehr in der Lage war Arbeiten zu gehen, nachdem ich ihm von meinen Beschwerden und Symptomen berichtete, dass ich vielleicht einfach nur faul sei. Dies war keine Frage von ihm, es ging mehr in die Richtung einer Feststellung.

Der nächste Hausarzt erzählte mir irgendwann einmal, dass er als kleiner Junge große Angst vorm Zahnarzt hatte und er immer, wenn ein Zahnarzttermin anstand, Bauchschmerzen bekam und es ihm schlecht ging. Diese Schmerzen seien echt gewesen, aber sie seien psychischer Natur gewesen, so etwas könnte doch bei mir auch der Grund sein. Zu diesem Zeitpunkt war ich an dem Punkt, an dem ich nicht mehr weit laufen konnte und es lediglich noch schaffte, alle 2, 3 Wochen in seine Praxis zu fahren, die 5-10 Autominuten entfernt war. Die überwiegende Zeit war mein Zustand schon so schlecht, dass ich nicht außerhalb des Bettes sein konnte.

Die Erlebnisse nehmen kein Ende

Als ich nicht mehr als ein paar wenige Schritte laufen konnte, wollte ich versuchen, ob ich in einem Rollstuhl sitzend um den Häuserblock geschoben werden kann. Bei manchen ME-Patienten ist dies, zwar mit einer vorübergehenden folgenden Verschlechterung des Zustandes, möglich, bei manchen verschwindet die Verschlechterung nicht mehr. Auf die Frage, ob mein Hausarzt mir ein Rezept ausstellen könne, damit ich einen Rollstuhl ausleihen kann, verneinte er.

Mein aktueller Hausarzt sagt jedes Mal ganz entsetzt, wenn er mich bei einem Hausbesuch sieht “Sie liegen immer im Bett? Das wusste ich nicht.” Jedes Mal, und damit meine wirklich jedes Mal, fallen diese Sätze und es nervt mich so unglaublich. Die nächste Frage ist “Was gibt es neues zu ihrer Erkrankung?” Mein Hausarzt hat keine Ahnung, was meine Krankheit eigentlich ist. Alles was er weiß, weiß er von mir. Sollte ich irgendwann einmal ein Notfall sein, habe ich ein Problem. Die Hilfe zu meiner Erkrankung, die ich von ihm zu meiner Erkrankung erhalte, ist nur so gut, wie ich als Medizinlaie und Patient informiert bin.

Dies ist nur ein kleiner Teil der Erlebnisse, die ich mit Ärzten hatte. Aus diesem Grund möchte ich hier ein paar Dinge aufführen, die ich mir von Ärzten und Hausärzten gewünscht hätte und zukünftig wünsche:

Was ich mir von Ärzten wünsche

Zuerst einmal, das ist eines der wichtigsten Dinge, praktisch das Fundament einer erfolgreichen und für alle befriedigenden Arzt-Patienten-Beziehung: Respekt! Gegenseitiger Respekt, was auch bedeutet, seinem Gegenüber auf Augenhöhe zu begegnen. Wenn ich als Patient vor einem Arzt sitze, möchte ich ernst genommen werden. Sollte ich als Mensch an dem Punkt sein, an dem ich nicht mehr laufen kann, dann möchte ich von dem Arzt Unterstützung erfahren, wie man das Beste aus dieser Situation rausholen kann.

Nicht jede Erkrankung sieht man einem Menschen auf den ersten Blick an, ME gehört dazu. Als Patient kenne ich mich mit meinem eigenen Körper am besten aus. Man spürt, wenn im eigenen Körper etwas schiefläuft. Das kann man nicht mit Worten beschreiben, aber man fühlt es. Das ist wie verliebt sein: Man kann das Gefühl letztendlich nicht wirklich einem anderen Menschen, der das noch nie erlebt hat, beschreiben, aber es existiert trotzdem.

Der Arzt müsste derjenige sein, der mich über eine Erkrankung informiert, nicht umgekehrt. Und wenn ein Arzt an seine medizinischen Grenzen stößt und er die Beschwerden nicht zuordnen kann, dann sollte er das zugeben und dies nicht überspielen, indem er die Beschwerden auf die Psyche des Patienten schiebt oder Faulheit unterstellt.

Bemerkungen über meine Figur oder Körperteile sind nur angebracht, wenn es einen medizinischen Hintergrund hat. Anzügliche Bemerkungen sind ein absolutes No-Go.

Ein Hausarzt sollte zumindest die Grundkenntnisse zu der Erkrankung seines Patienten haben.

Fazit

Für mich als chronisch kranker Mensch bedeutet eine gute Arzt-Patienten-Beziehung, dass wir zusammen, er mit seinem medizinischen Wissen und ich mit dem erkrankten Körper, das Beste aus der Situation machen, indem wir zusammenarbeiten. Leider ist es aber sehr schwer, gerade auch mit Erkrankungen die noch wenig erforscht sind, einen geeigneten Hausarzt zu finden.

www.huffingtonpost.de/entry/was-ich-mir-als-chronisch-kranker-mensch-von-einem_de_5a6f0668e4b006be66080f5f


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